Sammelgut gen Russland

Fr., 26.06.2015 - 10:16

Wer derzeit Handel mit russischen Kunden treibt, ist Kummer gewohnt. Die Umsätze sind aufgrund des Embargos und des galoppierenden Rubelverfalls drastisch gesunken. Die deutschen Hüfen vermelden unisono Umschlagrückgänge von rund einem Drittel. Nicht ganz so stark hat es die Firma M&TM getroffen, die mit ihren Kürzeln für die Inhaber Michail und Tatjana Mishustin steht, die ihr Unternehmen vor 20 Jahren in Moskau gegründet haben. 50 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Außenstellen gibt es zudem in St. Petersburg, London und Hamburg. Markus Probst hält hier seit vier Jahren die Stellung.

Damals war die EUROGATE-Tochter Peute Spedition Pleite gegangen, die zuvor für M&TM die Sammelgutverkehre von der Hansestadt nach Russland organisiert hatte. Einer der Mitarbeiter dort war Probst, der als gelernter Speditionskaufmann für die Russen elf Jahre lang zuständig war. Als die Firma aufgelöst wurde, hat ihn Mishustin kurzerhand eingestellt und bei der Lagerei Polopack in Hamburg-Wilhelmsburg eine Bleibe gefunden. Hier unterhält Probst sein Büro und lagert auch die Waren ein, die per Schiff oder Flugzeug nach Hamburg kommen.  Zumeist handelt es sich dabei um hochwertige Elektroerzeugnisse, Luxusgüter, Schuhe  oder medizinische Präzisionsgeräte.

Embargo trifft das Unternehmen nicht direkt

Vom eigentlichen Embargo ist M&TM nicht betroffen. Zweimal die Woche fährt ein Lkw-Trailer nach Russland. Über mangelnde Arbeit kann sich Probst nicht beschweren. Zwar sei der Umsatz um rund 20 Prozent zurückgegangen,  jedoch liege das eher an den Mengen, die bestellt werden. Die Anzahl der Aufträge habe dagegen eher zugenommen. Da der Rubel allerdings immer noch stagniere und somit eine verlässliche Planung für russische Kunden schwieriger mache, seien die Umsätze geringer. Hinzu komme, dass die russischen Banken ihren Kunden derzeit geringere Kreditlinien einräumten.  

Probst Hauptaufgabe ist die Organisation der Transporte. Die Waren kommen hauptsächlich aus Fernost und den USA. Die Route führt über Polen, Estland, Lettland und Litauen nach Russland. Die Verzollung erfolgt dabei in Riga. Dort will M&TM demnächst ein weiteres Büro aufmachen und die Verzollung selbst vornehmen. Das Trucking übernehmen dabei auf der gesamten Strecke litauische Subunternehmer. Die seien zwar nicht so günstig wie Weißrussische, aber dafür zuverlässiger.

Firmenchefin Tatjana Mishustin (3. v. l.) mit ihren Mitarbeitern

Firmenchefin Tatjana Mishustin (3. v. l.) mit ihren Mitarbeitern

Die Aufträge kommen fast alle von der Zentrale

Geschäftssprache ist durchweg Englisch. Gut für Probst, denn er selbst spricht kein Russisch, was aber in dem russischen Unternehmen kein Problem ist. Seine Aufträge erhält er aus Moskau, denn anders als im Westen seien die Zollformalitäten sehr kompliziert und müssten schon vor Beginn des Transports geklärt sein. „Wir das immer als Paket an“, erklärt Probst. „Wenn man die Partner kennt, funktioniert das ganz gut.“ Und da 80 Prozent der Kunden zu einem festen Stamm gehören, verläuft die Reise mit den 15 bis 30 Sendungen meist problemlos. Im Schnitt eine Woche braucht der Lkw von Hamburg nach Moskau.

Dabei ist er in der Regel randvoll. „Das Stauen kann schon zwei bis drei Stunden dauern“, berichtet Probst. Schließlich sei nicht alles Palettenware. Da müsse schon einmal die Gestell oder eine Zwischenwand gebaut werden. Auf dem Rückweg werden zumeist Möbel oder andere private Umzugsgüter transportiert. Russland sei nun einmal kein Exportland von Fertigprodukten. 

Nach der Krise will man expandieren

Krise hin oder her. M6TM will in Deutschland expandieren. „wir rechnen mit eineinhalb bis zwei Jahren, bis sich die Lage wieder normalisiert“, sagt Probst. Dann soll ein zweiter Mann den Standort Hamburg verstärken.

Markus Probst zeigt das Lager mit einer ersten Charge Sammelgut

Markus Probst zeigt das Lager mit einer ersten Charge Sammelgut